5. Plenum des Bündnis Gesund Älter werden: Teilhabechancen im Alter verbessern – Einsamkeit verhindern
Am 15. Mai 2024 von 10.00 bis 15.00 Uhr im Potsdam Museum
Das fünfte Plenum des Bündnis Gesund Älter werden (BGÄw) stand unter dem Motto „Teilhabechancen im Alter verbessern – Einsamkeit verhindern“. Damit griff die Veranstaltung zwei Themen auf, die aktuell intensiv diskutiert werden. Denn: Ein aktives Älterwerden in Gemeinschaft wirkt Einsamkeit und deren belastenden gesundheitlichen Effekten entgegen. Der kommende 9. Altersbericht der Bundesregierung wird sich mit dem Schwerpunktthema „Teilhabe“ beschäftigen. Seit Ende des vergangenen Jahres liegt außerdem die „Strategie gegen Einsamkeit“ des Bundesgesellschaftsministeriums (BMFSFJ) vor.
Ursula Nonnemacher, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, betonte zur Eröffnung: „Einsamkeit ist ein immer größer werdendes gesellschaftliches Problem mit enormen Auswirkungen."
Wie wirken die genannten Impulse der Bundesregierung in das Land Brandenburg? Und welche erfolgreichen Ansätze gibt es hier bereits, Teilhabeförderung und die Prävention von Einsamkeit zu verbinden?
Nicht zuletzt greifen die aktualisierten Seniorenpolitischen Leitlinien für das Land Brandenburg u.a. diese beiden Themen auf und wurden im Rahmen der Veranstaltung vorgestellt.
Grußwort von Ministerin Ursula Nonnemacher
Das Grußwort von Ursula Nonnemacher (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg) zum 5. Plenum des Bündnis Gesund Älter werden am 15. Mai 2024 finden Sie hier zum Nachlesen.
Gut älter werden in Brandenburg - Vorstellung der aktualisierten Seniorenpolitischen Leitlinien „Aktiv, mobil und engagiert: Eine Gesellschaft des langen Lebens gestalten“
Landesseniorenbeauftragter Norman Asmus (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg)
Der Landesseniorenbeauftragte Norman Asmus stellte die aktualisierten Seniorenpolitischen Leitlinien „Aktiv, mobil und engagiert: Eine Gesellschaft des langen Lebens gestalten“ vor. Der Fortschreibung war ein breit angelegter Beteiligungsprozess (SeniorenDIALOG) vorausgegangen. Neben Expertinnen und Experten, Beiräten, Verbänden und Organisationen nahmen auch mehr als 800 Brandenburger Seniorinnen und Senioren im Rahmen einer Befragung teil. Insgesamt liegt der Fokus der fortgeschriebenen Seniorenpolitischen Leitlinien noch stärker als bisher auf präventiven Maßnahmen, um dem Wunsch älterer Menschen nach einem möglichst langen, selbstbestimmten Leben im vertrauten Umfeld zu entsprechen.
Die aktualisierten Seniorenpolitischen Leitlinien zum Download
Die Fortschreibung der Seniorenpolitischen Leitlinien unter dem Titel "Eine Gesellschaft des langen Lebens gestalten" steht Ihnen hier zum Download bereit.
Die Fortschreibung der Seniorenpolitischen Leitlinien in leichter Sprache unter dem Titel "Ein gutes langes Leben für alle: Senioren-Politik in Brandenburg" finden Sie hier zum Download.
Impulsbeitrag: Teilhabe von Seniorinnen und Senioren fördern – Selbstbestimmt bis ins hohe Alter!
Hendrik Nolde (Fachstelle Altern und Pflege im Quartier im Land Brandenburg)
Hendrik Nolde von der Fachstelle Altern und Pflege im Quartier (FAPIQ) stellte in seinem Impulsbeitrag "Teilhabe von Seniorinnen und Senioren fördern – Selbstbestimmt bis ins hohe Alter!" die Bedeutung und Definition von Teilhabe vor. Außerdem thematisierte er die Vielfalt des Alterns, Lebensphasen im höheren Alter die ein Risiko für Einsamkeit darstellen sowie die Dimensionen und Förderung von Teilhabe im Alter.
Gemeinsame Arbeits- und Austauschphase
Thema und Fragestellung
Im Anschluss an die beiden Beiträge hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. In Murmelgruppen tauschten sie sich zu den Beteiligungshürden im Lebensumfeld älterer Menschen aus, die eine Teilhabe in den unterschiedlichsten Alltagssituationen erschweren. Als Orientierung dienten zwei Leitfragen:
- Welche Hürden sind Ihnen aus Ihrem persönlichen Umfeld und / oder Ihrem Arbeitsumfeld bekannt?
- Bei welchen Hürden sehen Sie den größten Bedarf entgegenzuwirken?
Ergebnisse
1. Fehlende Mobilität
Am häufigsten wurde die eingeschränkte Mobilität vieler Seniorinnen und Senioren als Beteiligungshürde identifiziert. Durch die z.T. weiten Entfernungen im Flächenland Brandenburg ist so u. a. der Zugang zur Facharztversorgung erschwert. Um diesem Umstand entgegenzuwirken, bedarf es einer besseren Regelung der Fahrdienste: Es sollten mehr Angebote im ländlichen Raum geschaffen und bürokratische Hürden abgebaut werden.
2. Infrastrukturelle Barrieren und mangelhafte Bekanntheit von Angeboten
Die Teilnehmenden kritisierten häufig auch eine mangelhafte Barrierefreiheit und nannten in diesem Zusammenhang fehlende öffentliche Toiletten und Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum, z.B. Bänke. Hinzu kommt, dass die Seniorinnen und Senioren oft nicht ausreichend über bedarfsgerechte Angebote in ihrem Umfeld informiert sind. Allgemein kann die Bedarfsgerechtigkeit wie auch die Nachhaltigkeit von (bestehenden) Angeboten noch verbessert werden.
3. Persönliche Barrieren, die eine Nutzung von Angeboten erschweren
Es sollten weitere langfristig angelegte und kostenfreie Angebote geschaffen werden. Denn: nur über dauerhaft angelegte Angebote und Projekte lassen sich Vertrauen auf- und persönliche Barrieren abbauen. So kann widerum einem (dauerhaften) Rückzug in die eigene Häuslichkeit vorgebeugt werden. Hat dieser "Rückzug ins Schneckenhaus" bereits stattgefunden, ist es wichtig, die Seniorinnen und Senioren zu erreichen und dazu zu motivieren, den vermeintlichen Schutzraum wieder zu verlassen. Eine der Murmelgruppen hob "dritte Orte" als barrierearme Möglichkeit zur Begegnung hervor. Ein solcher Ort kann beispielsweise der Friedhof sein.
4. Zugangsprobleme bei Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen
Ein weiterer "Hürdenkomplex", den die Teilnehmenden thematisierten, liegt in Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen. Zu Hürden in diesem Bereich zählen u.a. hohe Kosten für Pflegeheime, gering besetzte Pflegestützpunkte, erschwerter Zugang zu ärztlicher Versorgung und therapeutischen Angeboten oder fehlende (zahn-)ärztliche Betreuung aufgrund von Kontaktabbruch mit der jeweiligen Praxis. Gesundheitliche und pflegerische Versorgung sollten besser vernetzt und der Informationsfluss zwischen den betreuenden Institutionen sollte gestärkt werden.
5. Finanzielle Hürden
Altersmut - wie Armut generell - ist ein wesentliches Hindernis für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Berichte aus den Arbeitsgruppen des Bündnis Gesund Älter werden
Im Anschluss an die kurze Arbeits- und Austauschphase präsentierten die Arbeitsgruppen "Digitale Fitness", "Impfschutz bei älteren Menschen", "Mundgesundheit bei älteren Menschen" und "Un-Abhängig im Alter" ihre Arbeit.
AG Digitale Fitness
Die Präsentation der AG Digitale Fitness auf dem 5. BGÄw-Plenum am 15. Mai 2024.
Holger Kilian (Fachstelle Gesundheitsziele im Land Brandenburg) in Vertretung für Michael Lauber (Seniorenbeirat Falkensee)
AG Impfschutz bei älteren Menschen
Die Präsentation der AG Impfschutz bei älteren Menschen auf dem 5. BGÄw-Plenum am 15. Mai 2024.
Holger Kilian (Fachstelle Gesundheitsziele im Land Brandenburg) in Vertretung für Marianne Kaiser (Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg)
AG Mundgesundheit bei älteren Menschen
Die Präsentation der AG Mundgesundheit bei älteren Menschen auf dem 5. BGÄw-Plenum am 15. Mai 2024.
Dr. Carsten Stutzmann (Landeszahnärztekammer Brandenburg)
AG Un-Abhängig im Alter
Die Präsentation zur AG Un-Abhängig im Alter auf dem 5. BGÄw-Plenum am 15. Mai 2024.
Maria Schäfer (Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen)
Impulsbeitrag: Einsamkeit wirksam begegnen – was hilft?
Elke Schilling (Silbernetz e.V.)
Elke Schilling von Silbernetz e.V. informierte die Teilnehmenden mit ihrem Impulsbeitrag "Einsamkeit wirksam begegnen - was hilft?" über die Charakteristika von Einsamkeit im Alter und Altersdiskriminierung (Ageismus). Dabei stellte sie insbesondere die Arbeit von Silbernetz e.V. vor, die z.B. mit dem Silbertelefon Einsamkeit im Alter entgegengewirkt.
Ausgehend von diesen Beispielen thematisierte Elke Schilling in ihrem Beitrag die Frage, wie Einsamkeit im Alter wirksam begegnet werden kann. Dabei ist die Kenntnis der Ursachen eine wichtige Voraussetzung. Nachbarschaftsarbeit und zugehende Angebote erreichen einsame Menschen direkt, darüber hinaus sollten Mobilitätsbarrieren abgebaut und der Zugang zu Informationen über verfügbare Angebote sichergestellt werden.
Podiumsrunde: Brauchen wir eine Brandenburger Strategie gegen Einsamkeit im Alter?
Teilnehmende der Podiumsrunde
- Norman Asmus (Landesseniorenbeauftragter, MSGIV)
- Hendrik Nolde (Fachstelle Altern und Pflege im Quartier im Land Brandenburg, FAPiQ)
- Wolfgang Puschmann (Landesseniorenrat Brandenburg)
- Lutz Reimann (Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen Brandenburg, Lagfa)
- Elke Schilling (Silbernetz e.V.)
Aspekte aus der Podiumsrunde
In der Diskussion der Podiumsrunde und unter Beteiligung des Publikums wurden folgende Punkte angesprochen:
- Einsamkeit betrifft nicht nur ältere Menschen. Während der Pandemie waren auch jüngere Menschen massiv von Einsamkeitsbelastungen betroffen, wie z.B. das Einsamkeitsbarometer 2024 (Seite 19) belegt. Das Thema sollte deshalb generationenübergreifend angegangen werden.
- Der Titel „Strategie gegen Einsamkeit“ kann stigmatisieren und sollte positiv gewendet werden zu einer Strategie für Teilhabeförderung.
- Eine solche Strategie müsste von Land und Kommunen gemeinsam verfolgt werden.
- Nordrhein-Westfalen kann Vorbild für das Land Brandenburg sein: Dort wurde im Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten die „Stabsstelle Demografischer Wandel, Einsamkeit“ eingerichtet (www.land.nrw/einsamkeit). Diese trägt Informationen zu Bedarfslage und Angeboten zusammen und vermittelt das Thema z.B. im Rahmen von Konferenzen.
- Die Angebote zur Teilhabeförderung werden vor Ort, in den Kommunen umgesetzt. Um diese dabei zu unterstützen, sollte das Land ein kommunales Teilhabebudget zur Verfügung stellen, das vor Ort bedarfsgerecht eingesetzt werden kann.
- Wichtig sind die Orte, an denen Menschen sich treffen, in Kontakt kommen und Kontakte erhalten können. Über die vorhandenen Seniorenbegegnungsstätten hinaus sind Begegnungsorte wichtig, z.B. ganz einfache Sitzbänke im öffentlichen Raum. Auch ein Friedhof kann Ort lebendiger Begegnung sein!
- Teilhabeförderung ist ein Querschnittsthema. Hier müssen z.B. Stadt- und Regionalplanung, Infrastrukturplanung und der Sozialbereich zusammenarbeiten. Mobilität beispielsweise ist nicht nur ein Thema für die Verkehrsplanung, sondern eine wichtige Voraussetzung dafür, soziale Kontakte pflegen zu können.
- Strategien gegen Altersarmut sind auch Strategien gegen Einsamkeit, denn Armut begünstigt und verstärkt Einsamkeit!
- Teilhabeförderung braucht Gelegenheiten: Die Möglichkeiten für bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt müssen bekannt(er) gemacht, die Voraussetzungen für Engagement geschaffen (u.a. durch die technische Infrastruktur) und das Engagement nachhaltig unterstützt werden.
- Nachhaltigkeit ist ein zentrales Stichwort, denn gerade der Aufbau von Vertrauen in Personen und Strukturen, die Teilhabe fördern und Einsamkeit entgegenwirken, braucht Zeit. Und Finanzierung.
- Es gibt bereits viele gute Angebote, die der Einsamkeit entgegenwirken. Diese sollten verstetigt und ausgebaut werden: „Das, was da ist, auf nachhaltige Füße stellen.“ Als erfolgreiche Handlungsansätze werden Präventive Hausbesuche oder auch die Soziale Landwirtschaft genannt.
- Pflegedienste und Versorgungsangebote wie „Essen auf Rädern“ erreichen viele einsame Ältere und hätten das Potenzial, zu aktivieren oder an unterstützende Angebote vor Ort zu verweisen. Meist fehlt dem Personal aber die Zeit für diese „zusätzlichen Aufgaben“.
Ausblick und Verabschiedung
Ines Weigelt-Boock aus dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg.
Ines Weigelt-Boock fasste in ihrem Abschluss-Statement die zentralen Themen des fünften Plenums des Bündnis Gesund Älter werden zusammen. Dabei betonte sie die Schlüsselrolle der sozialen Teilhabe sowie die Bedeutung von Beziehungen und Unterstützungsnetzwerken für ein gutes, gesundes Älterwerden. Ziel sollte es sein, die Teilhabechancen im Alter weiter zu verbessern und so chronische Einsamkeit im Alter präventiv zu verhindern. Abschließend dankte sie allen Anwesenden für ihr Engagement während der Veranstaltung, aber auch in der täglichen Praxis.
Die Wanderausstellung "Gemeinsam Essen im Alter"
Auch die Wanderausstellung "Gemeinsam Essen im Alter" (GESA) war auf dem fünften Plenum des Bündnis Gesund Älter werden zu sehen. Die Ausstellungstafeln informieren über die Arbeitsweise der Partnerinnen und Partner des Bündnis Gesund Älter werden, stellen das Thema „Gemeinsame Mahlzeit – miteinander statt einsam“ vor und zeigen über das Land Brandenburg verteilte Angebote und Projekte zur generationsübergreifenden und interdisziplinären Gestaltung von gemeinschaftlichen Mahlzeiten. Seit 2019 hat die GESA-Wanderaustellung bereits 48 Stationen zurückgelegt und ist im aktuellen Kalenderjahr an 19 Orten in Brandenburg zu sehen: Von Cottbus über Schwedt nach Elsterwerda und Perleberg.
Veranstaltungsprogramm.
Pressemitteilung